GUDRUN GUT: I PUT A RECORD ON Das Jonglieren mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Projekten ist Gudrun Gut seit langem gewohnt. Es ist ihr gewissermaßen zur zweiten Natur geworden. Wie sie ihre wöchentliche Radiosendung Ocean club Radio für den Hauptstadtsender Radio Eins, ihre Arbeit als Labelchefin von Monika Enterprise und ihre extensive Reisetätigkeit als DJ koordiniert bekommt, bleibt ihr Geheimnis. Wie kaum eine andere Künstlerin ist Gudrun Gut im musikalischen Berliner Underground fest verwurzelt. Sie ist Gründungsmitglied der Berliner Bands Mania D., Malaria! und Matador. Lange vor Mauerfall war sie Mitglied der Einstürzenden Neubauten; im Punk-Rückblick des Berliner Stadtmagazins Zitty wird sie ebenso gewürdigt wie in dem Buch-CD-Projekt Verschwende Deine Jugend. Sie veröffentlichte das Pop Album Members of the Ocean Club, ist der musikalische Part eines Spoken Word Projektes mit der Kanadierin Myra Davies und beteiligt sich zunehmend an Ausstellungsprojekten. Bei dieser Vielzahl an Referenzen ist es bemerkenswert, dass Gudrun nun mit I put a record on ihr Debutalbum als Solokünstlerin vorlegt, nachdem sie bisher vor allem als Teamworker produziert hat. Dass dieses Album nicht etwa auf einem der großen erscheint, sondern auf ihrem eigenen Label Monika, macht die Sache um so sympathischer. I put a record on lässt sich Zeit. Behutsam wird hier eine Atmosphäre aufgebaut, die bei aller Vielseitigkeit dieses Albums nicht gebrochen wird. Im Gegenteil: unmerklich gerät der Hörer in den Sog der von Gudrun Gut heraufbeschworenen Stimmungen und Assoziationen und dem Spiel mit unterschiedlichsten Quellen. Gudruns bevorzugtes Stilmittel ist technoider Minimalismus, der Sound ist warm, die Klangfarbe dunkel. Titel wie Rock Bottom Riser oder Last Night swingen im Midtempo; Move me ist eine clubtaugliche Kreuzung aus Polka und Tango, The Wheel so etwas wie ein HipHop Märchen. Alles hypnotisch federnd und von großer Lässigkeit. Die Tracks sind looporientiert und entwaffnend schlicht, wiewohl und hier offenbart sich die Schlitzohrigkeit der Künstlerin beinahe jeder Titel einer ständigen, kaum merklichen Mutation unterworfen ist. I put a record on pulsiert im imaginären Schwarzlicht. Diese Ruhe und Langsamkeit verleiht dem Album etwas Laszives, das durch die nah am Ohr raunende Stimme von Gudrun Gut noch verstärkt wird. Oceanclub Radio Hörer werden wissen, wovon hier die Rede ist. Der Opener Move Me wurde 2005 als 7inch auf Earsugar Jukebox veröffentlicht und provozierte überschwängliche Reaktionen von Pichfork bis Martin Gore. Rock Bottom Riser - eine Coverversion eines Titels von Smog - entstand zur Bürozeit mit monika associate Uta Heller als sing along Spaß im monika office und wurde mit Matt Elliott in der Männerrolle fertig gestellt. Malaria!- und Matador-Gefährtin Manon P. Duursma gastiert als Mitautorin der Dub-Blues Tracks Pleasuretrain und The Wheel. Eine Urversion von Girl Boogie erschien vorab als Beitrag zur Girl Monster Compilation auf Chicks On Speed Records. Das Album wurde produziert und aufgenommen von Gudrun Gut; ihr Oceanclub Kollege Thomas Fehlmann hat einige der Tracks gemischt. Als visuelle Dreingabe enthält die CD die editierte Fassung des Videos Celle zur Guatarist Installation, die Gudrun Gut gemeinsam mit der gefeierten Künstlerin Pipilotti Rist für das Sonambiente Festival 2006 erarbeitet hatte. Die erfahrene Musikerin Gudrun Gut lässt ihr neues Album schöne Melancholie verströmen wie ein schweres Parfum. I put a record on ist eine Einladung, sich rücklings fallen zu lassen in ihren warmen Puls.